Ziel des Seminars ist ein überschaubares Handbuch das die Verwendung von Normdaten in und mit Wikidata beschreibt. Zur gemeinsamen Bearbeitung und um den aktuellen Entwicklungsstand besser verfolgen zu können, sollte das Buch in einem kollaborativen Versionskontrollsystem verwaltet werden. Darüber hinaus ist eine medienneutrale Publikation in verschiedenen Formaten geplant.
Die Idee, Texte gemeinsam in einem Versionskontrollsystem zu erstellen ist nicht grundsätzlich neu (bereits vor der Erfindung von Textverarbeitungen und des schlug Ted Nelson in den 1960ern mit Xanadu ein solches System vor), praktisch gewinnt diese Idee aber erst seit etwa 2005 an Bedeutung. Dabei lassen mit klassischen Versionskontrollsystemen für Quellcode und mit webbasierten Autorensystemen zwei Entwicklungsstränge identifizieren, die aktuell in kollaborativen Autorensystemen zusammenwachsen.
Bei den Versionskontrollsystemen für Quellcode sind vor allem die verteilten Versionskontrollsysteme hervorzuheben. Bei solchen Systeme hat jeder Mitarbeiter die gesamte Versionsgeschichte in seinem lokalen Repository, so dass kein zentraler Server notwendig ist. Als der Hersteller des kommerziellen verteilten Versionskontrollsystems BitKeeper 2005 mitteilte, die Software nicht mehr kostenlos für die Entwicklung des Linux-Betriebssystems bereitzustellen, gab dies den Anstoß für drei alternative Open Source-Systeme: mit Bazaar, Mercurial und nicht zuletzt git wurden verteilte Versionskontrollsysteme in den folgenden Jahren immer populärer und sind inzwischen Standard in der Software-Entwicklung. Einen zusätzlichen Schub erfuhren diese Systeme durch die Plattform GitHub (ab 2008), die eine komfortable Weboberfläche zur gemeinsamen Verwaltung von git-Repositories bietet.
Die Zeit der webbasierten Autorensysteme begann 1995 mit der Erfindung des Wikis, das praktisch Eigenschaften von älteren Hypertextsystemen und des WWW miteinander kombinierte. Mit der Wikipedia wurden Wikis ab etwa 2005 auch einer breiteren Masse bekannt. Das System MediaWiki, mit dem unter Anderem Wikipedia betrieben wird, steht als Open Source zur Verfügung und bietet viele Erweiterungen. Daneben gibt es kommerzielle Wiki-Systeme wie BlueSpice (basierend auf MediaWiki) und Confluence speziell für Unternehmen. Grundsätzlich werden Wikis hauptsächliche zur Dokumentation, zum Wissensmanagement und als Content-Management-System eingesetzt, wobei die gemeinsame Bearbeitung von Texten mehr Mittel als Zweck ist. Neben Wikis entstanden deshalb Anwendungen, die speziell auf die webbasierte Erstellung von Texten ausgerichtet sind. Die wichtigsten Vertreter dieser Gattung sind Writely/Google Docs (ab 2005/2006) und Etherpad (2008/2009); letzteres ermöglichte erstmals das gleichzeitige Bearbeiten in Echtzeit.
Von der Unart, Word- oder PDF-Dokumente herumzumailen abgesehen, wird zur gemeinsamen Bearbeitung von längeren Texten wird meist noch auf Google Docs oder auf Versionskontrollsysteme wie git zurückgegriffen. Bei git und GitHub kommen ggf. zusätzliche Tools wie prose zum Bearbeiten und/oder Pandoc zum Publizieren hinzu.
Beispiele für Bücher, die so erstellt wurden:
- http://book.openingscience.org/ - erstellt mit Google Docs, inzwischen verfügbar auf GitHub
- https://github.com/HoTT/book - direkt erstellt mit git/GitHub
Spätestens seit 2013 ist ein verstärktes Interesse an kollaborativen Autorensystemen zu beobachten. Gleich fünf neue Autorenwerkzeugen wurden in diesem Jahr veröffentlicht:
- Penflip
- Editorially
- Draft
- Fidus Writer
- Authorea (beta-phase Ende 2012, öffentlich ab Anfang März 2013)
- Typewrite
- StackEdit (?)
Die ebenfalls 2013 vorgestellten Projek Repositext und Substance sind dagegen noch nicht aus der geschlossenen beta-Phase herausgekommen.
Die wesentlichen Vorteile kollaborativer Autorensysteme sind:
- Der aktuelle Stand ist jederzeit einsehbar
- Alle Änderungen werden protokolliert
- Der Text kann gemeinsam bearbeitet werden
Die folgende Tabelle enthält eine vergleichende Einschätzung einiger Vor- und Nachteile konkreter Systeme:
Software Vorteile Nachteile
Xanadu * kann alles * existiert nicht
Bazaar, * Open Source * Nicht primär für Texte
Mercurial, * Keine Benutzeroberfläche
git * Viele Erweiterungen notwendig
GitHub * Hohe Verbreitung\ * Nicht primär für Texte
* Benutzeroberfläche\ * ggf. Erweiterungen notwendig
* Integrierter Issue-Tracker * kommerziell
MediaWiki * Hohe Verbeitung\ * Erweiterungen notwendig
* Open Source * eingeschränkter Export
BlueSpice * siehe MediaWiki\ * siehe MediaWiki
* bessere Usability * kommerziell
Etherpad * Bearbeitung in Echtzeit\ * Nur für kürzere Texte
* Open Source * kein Export
Google Docs * Hohe Verbreitung\ * Keine Literaturverwaltung
* eingeschränkte Versionierung
* eingeschränkter Export
* kommerziell
Penflip * ... * kommerziell
Draft * ... * kommerziell
Penflip * Import/Export via git * kommerziell
Fidus Writer * Open Source * eingeschränkter Export
Der Vergleich ist natürlich subjektiv, da die Bewertung von den jeweiligen Anforderungen an das Produkt abhängt. So kann bspw. das Kriterium Open Source vs. kommerziell auch umgekehrt bewertet werden, da bei kommerziellen Webanwendungen der Aufwand durch Installation und Betrieb entfällt. Bei der Bewertung von Export-Möglichkeiten wurde auch berücksichtigt, ob die Texte aus einem System verlustfrei in Markdown-Syntax exportiert werden können (wobei hier noch genauer betrachtet werden muss, welche Markdown-Erweiterungen unterstützt werden), um sie anschließend mit Pandoc weiterverarbeiten zu können -- für andere Nutzer mag dieses Feature eher unwichtig sein.
Die Grundidee eines medienneutralen Textformates ist es, den Text so vorzuhalten, dass sich verlustfrei automatisch Ausgaben in verschiedenen Publikationsformaten (PDF, HTML, ePUB...) erzeugen lassen. Als Standard zur Bearbeitung und Kodierung des Textes bildet sich zur Zeit die Auszeichnungsprache Markdown heraus, wobei verschiedene Varianten mit unterschiedlichen Erweiterungen existieren. Das mächtigste Werkzeug zur Konvertierung zwischen verschiedenen Textformaten ist das Kommandozeilenprogramm Pandoc, das einige eigene Markdown-Erweiterungen, wie zum Beispiel Formeln und Quellenangaben beinhaltet.
Eine Literaturliste mit weiterführenden Informationen zu kollaborativen Autorensystemen und medienneutralen Textformaten steht noch aus. Hier nur einige Quellen:
- A Deep Look at New Collaborative Writing Tools Editorially, Draft and Penflip. Danny Schreiber, 2014-01-15
- History of Google Docs. In: Englischsprachige Wikipedia.
- ...
Unter https://github.com/jakobib/gittige-tools ist übrigens ein gemeinsamer Artikel zu kollaborativen Schreibwerkzeugen in Arbeit.